Tür zu, Schlüssel an den Haken, Schuhe aus und ankommen. Zu Hause! Kaum ein Ort auf der Welt bedeutet uns mehr. Hier dürfen wir sein, wie wir sind. Hier dürfen wir machen, was wir wollen, ja ohne bewertet zu werden. Es heißt nicht ohne Grund: Das Zuhause ist die dritte Haut.
Ein Haus läßt sich kaufen,
aber nicht ein Zuhause.”
– Walter Ludin
Unsere Seele füllt die Wohnung erst mit Leben, unsere Erlebnisse erfüllt sie mit Geschichte. Wählt also die Wohnung mit Bedacht und die, die ihr in sie lasst, noch viel mehr. Ich für meinen Teil hab die besten Freunde und eine kleine, aber großartige Familie. Doch was, wenn man nicht mehr aus der Wohnung kann?
“Ein Haus kann Schutzwall und Gefängnis zugleich sein.”
– Gudrun Kropp
Wer Krebs hat, erfährt Aufmerksamkeit und Mitleid, wer psychisch krank ist, eher Argwohn und Misstrauen. Abstrakte Krankheiten verursachen nun einmal abstrakte Ängste. Aber wer es auch nicht selbst erlebt hat, weiß kaum: seelisch erkrankt zu sein ist eine sehr belastende und einschneidende Erfahrung für den Betroffenen und kann zudem jederzeit jeden treffen. Epidemiologische Studien zeigen, dass rund 40 Prozent der Menschen in Deutschland mindestens einmal im Leben an einer behandlungsbedürftigen psychischen Krise erkranken.
Wie kann es nur zu solch einer Erkrankung kommen?
Vor einigen Jahren verfolgte mich ein sogenannter Stalker. Tag und Nacht fand er Wege mich zu terrorsieren. Irgendwann gab mein Köper und Geist den Kampf auf. Die Trennung von ihm endete für mich im Krankenhaus. Seither quälen mich Angststörungen. Ich suche Geborgenheit in Beziehungen, die nicht funktionieren können und habe immer wieder mit einer postraumatischen Belastungsstörung zu kämpfen, die aufgrund von sexuellen Übergriffen in der Jugend und teilweise in aktuelleren Erlebnissen entstand.
Hinzu kommt noch eine schwierige Kindheit, die viele Fehlprägungen (bei der Partnersuche etc.) überhaupt erst ausgelöst hat. – Dies sind so klassische, tragische Biografien, die in psychsichen Krankheiten enden (können). Eins führt eben zum anderen. Die Kindheit und Jugend prägt unser gesamtes Leben.
Der Stalker gab irgendwann (nach Jahren) auf. Meldete sich immer weniger je besser ich ihn ignorierte. Doch ein Weiterer tauchte auf für einige Monate und ich kämpfte zudem noch mit den Folgen der einschneidenden Beziehung zu meinem Schweden, über die ich hier auf dem Blog auch schon ausführlich schrieb (zum Teil 1 gelangt ihr hier). Ich wurde mit der Zeit immer labiler und die Angststörung entwickelte sich weiter.
Mein Puls schnellt in bestimmten, problematischen Situationen in kürzester Zeit auf 180 Schläge, mein Körper schüttet dann ständig Stresshormone aus, ich stehe immer wie unter Strom. Herzrasen, Schwindel, pure Todesangst. Ich versuche mich zwar zu zwingen, doch mittlerweile kann ich je nach Tagesform kaum bis garnicht mehr vor die Tür gehen. Selbst wenn ich es schaffe, mich draußen relativ gut halte, brech ich meist spätestens wenn die Tür hinter mir zufällt, erschöpft zusammen, zitter und weine mit letzter Kraft. Ich lege mich dann aufs Sofa und versuche normal zu atmen. Meist schlafe ich vor Kraftlosgikeit ein.
Somit ist meine Wohnung oft mehr als mein Rückzugsort. Es kann meine Versteck sein – mein einziger Schutz vor der vermeintlichen Gefahr draußen. In Berlin wohnte ich in einer sehr kleinen, relativ dunklen Wohnung. Sie war nur als Übergangslösung gedacht, aber als die Kraftlosigkeit und die Angststörung immer mehr zunahmen, wurde mein Heim mein Gefängnis.
Mein Bett – ein wunderschönes Himmelbett aus schwarzem, geschwungenen Metall – war komplett behangen mit Stoffen. Ich nannte es “meine Höhle” und exakt das war es auch. Ich versteckte mich oft dort. Denn der Kreis in dem ich mich bewegen konnte wurde immer kleiner, irgendwann war es nur noch mein Bett.
Ein riesengroßes dunkelgrünes Sofa füllte quasi den Rest des Raumes. Jede Ecke, jeder kleinste Platz wurde genutzt. Es war gemütlich, aber eng. Ich hatte oft das Gefühl kaum atmen zu können. Die Sonne bekam man nur manchmal mit, meist nur, wenn man sich auf den kleinen Balkon mit tristem Hinterhofblick begab. Dort fühlte ich mich aber beobachtet, mied ihn meist. Trotz der besten Nachbarn der Welt, mit denen ich oft stundenlang im Treppenhaus saß und quatschte – die Wohnung tat mir nicht gut. Die stressige Stadt tat ihr Übriges.
Es MUSSTE was passieren. Also entschied ich mich zu einem Umzug. Eine neue Stadt, eine größere, lichtdurchflutete Wohnung, irgendwo nah bei Grünflächen und Wasser und ganz besonders wichtig: eine offeneres Raumdesign. Gerade mein Schlafzimmer sollte hell und einladend sein – keine dunkle Höhle mehr, die ausschließlich zum Rückzug einläd. Sondern viel mehr ein offener Raum, der wach macht und damit zum Aufstehen und das Leben Begrüßen ermuntert. Ich hoffe das habe ich geschafft. Aber überzeugt euch doch selbst davon:
Das Schlafzimmer
I love sleep.
My life has the tendency to fall apart
when I’m awake, you know?”
― Ernest Hemingway
Das Schlafzimmer ist generell ein ganz besonderer Ort. Hier wird entspannt, geruht, geträumt, gelacht, gelesen und im Idealfall auch geliebt und gekuschelt. Deshalb gelten an diesem Ort, für entspannungsfreudige Menschen wie mich, ganz besondere Regeln.
Besonders wichtig war mir dabei: Kein Stress und somit keine Arbeit im Schlafzimmer!! Computer, Wäscheständer und andere Gegenstände, die nach Arbeit “riechen”, haben hier nichts verloren (bei Platznot sollte Bügelbrett, Staubsauger und Co. trotzdem möglichst aus dem Sichtfeld verschwinden). Auf keinen Fall sollten Elektrogeräte, die an das Stromnetz angeschlossen sind, wie Radiowecker, Lampen und Geräte in Stand-by-Funktion, diesen Raum mit dem sogenannten Elektrosmog verpesten. Darüber hinaus sind künstliche Raumaromen im Schlafzimmer Tabu, so gut sie auch für manche riechen mögen.
Außerdem war es mir ein Anliegen, auf jeden Fall alle Spuren von dem Ex nach dem Ende der Beziehung aus dem Schlafzimmer zu verbannen. Manche lüften die Matratze für Tage aus nach einer Trennung oder räuchern sie mit esoterischen Kräutern aus. Für mich war eh Zeit für eine Neue und so schlafe ich jetzt so selig, wie man nur schlafen kann. – Naja abgesehen von den krankheitsbedingten Schlafproblemen von Zeit zu Zeit, aber die bekomme ich sicherlich auch noch in den Griff.
Das klassische Schlafzimmer mit seinem 2×2-Meter-Bett und 5-Meter-Wandschrank – am besten noch komplett verspiegelt – muss nicht mehr unbedingt sein. Der Fantasie sind auch in diesem Raum keine Grenzen gesetzt! Daher entschied ich mich, einen offenen Schrank mit leichten Vorhängen zu wählen und den hellen Raum und die entspannte Atmosphäre außerdem für eine kleine Leseecke zu nutzen. Und ich muss zugeben: ICH LIEBE SIE!!! – Mein Lieblingsplatz in der Wohnung, WENN er mir nicht gerade wieder einmal weggeschnappt wurde….
Ich lese gerne zum Einschlafen. Meist, um runter zu kommen, denn gerade in ruhigen Momenten kann die angesammelte Anspannung hoch kommen und mich aufwühlen bis hin zu Panikgefühlen. Zur Zeit ist es wieder ein Werk von John Green (Looking for Alaska).
In einer Kiste im Schrank bewahre ich die Kuscheltiere meiner Kindheit auf. Gerade sehr emotional beladene Erinnerungsstücke kann ich generell schwer los lassen und einfach entsorgen. Aber Psychologen raten ohnehin, dass man darauf achten sollte, welcher Art die Gefühle sind, die man mit Einrichtungsgegenständen aus der Vergangenheit und anderen Erinnerungsstücken verbindet. Sind es eher postive Emotionen, können sie auch getrost in der Wohnung verbleiben. Lisa-Teddy darf also hier bleiben.
Das Schlafzimmer ist der Ort, an dem wir den meisten Schutz benötigen, denn es ist dunkel, wir geben die Kontrolle über unsere Umwelt ab und schlafen hoffentlich friedlich und ohne aufwühlende Träume. Für eine tiefe und erholsame Nachtruhe sind sowohl Bettposition als auch Farbgebung ausschlaggebende Faktoren. Und auch die Kleinigkeiten können viel ausmachen. Man braucht nicht zwingend die Lehren des Feng Shui um ein Gefühl dafür zu bekommen, was sich gut anfühlt. Hört auf eure Intuition, so wie ich es auch gemacht habe. 🙂 Ich hoffe mein Lieblingsraum der Wohnung hat euch ebenso gefallen wie mir.
Die neue Wohnung tut mir gut, aber was meine Gesundheit angeht habe ich noch einen weiten Weg vor mir – das weiß ich. Aber ich gebe mir größte Mühe. Aktuell sind halt nur kleine Fortschritte wieder eingebrochen durch einen anderen Exfreund, der sich mehr und mehr zu einem Stalker entwickelt. Mein Dritter dann schon im Leben. Ich werde demnächst einen Beitrag über Stalking verfassen. Wer sich einbringen mag oder Tipps dazu hat, meldet euch!
“Each night, when I go to sleep, I die.
And the next morning, when I wake up,
I am reborn.”
– Mahatma Gandhi
Hat euch das Gesehene gefallen, schreibt ein Kommentar <3
Vielen Dank.
Diese Wohnung ist VEGAN eingerichtet worden. Kein Tier kam zu Schaden – das abgebildete Fell ist selbstverständlich künstlich! (Außer Lukes natürlich – seins ist echt und bleibt bei ihm, wo es hingehört :D)
Quellen: Karin Henjes – www.zuhause.de | Antje Windmann – www.abendblatt.de
Hinterlasse einen Kommentar
10 Kommentare auf "Die Seele wohnt mit (Teil 2) – Schlafzimmerregeln / Meine Umzugsgründe"