Allgemein, Für den Kopf

The cold swedish winter – a tragic lovestory (2)

Mit einer verliebten Frau kann man alles tun, was sie will.
– Gustav Klimt

Da nun aber Märchen nur Geschichten sind, um Menschen bei Laune zu halten, war auch diese fast schon traumhafte Liebesgeschichte von vornherein zum Scheitern verurteilt. Die Realität schreibt selten Märchen und wenn, dann sicher nicht für mich.

 

Ich öffne die Augen, die morgendliche Angst packt mich. Schnell drehe mich um und sehe ihn. Durchatmen. Er ist da. Ich freue mich, ein Lächeln überkommt mich. Doch unmittelbar danach trifft es mich wie ein Stich ins Herz. All das was gestern passiert ist kommt wieder hoch. „Willkommen zurück in der Realität!“ sagt mein Kopf. Das Herz sticht auch noch in wohlwissender Erinnerung.

Kaum etwas an Kraft ist noch in meinem Körper verblieben und doch hebe ich den Oberkörper aus dem Bett. Bleibe noch sitzen und versuche mich zu sammeln. Da öffnet er die Augen und guckt mich an. Es ist ein Blick irgendwo zwischen einem kleinen Hund, der gerade etwas angestellt hat und einem Suchen nach Antworten in meiner Mimik. Aber mein Gesicht hat keine Antworten parat. Es ist so leer wie ich. Kaum gedacht, rollen bereits große Tränen aus meinen Augenwinkeln. Er nimmt mich in den Arm und ich breche zusammen.

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Was passiert war? Unser Alltag.

In meiner ersten Woche des Stockholmbesuchs stand er früh auf und meinte er müsse zu einem wichtigen Arzttermin. Nach ein paar Wochen Analyse erwarte er heute eine Auswertung, was auch immer das bedeuten sollte. Er hatte große Angst vor dem Termin und das war nun wichtiger, also fragte ich nicht weiter nach, sondern bestärkte ihn und er machte sich wie ein Häufchen Elend auf den Weg. Er wollte alleine gehen. Als er zurück kam, erwähnte er nebenbei die Diagnose: bipolare affektive Störung. Rückwirkend kann ich es für unser Zusammenleben nicht anders sagen: Ich habe schlichtweg unterschätzt, was es bedeutet mit einem Partner zu leben, der eine solche schwerwiegende Krankheit mitbringt. Zudem hatte ich mich 0 mit der Störung befasst zu diesem Zeitpunkt, trotz meines Studiums der Sozialen Arbeit. Wir hatten diese spezielle Form einfach nicht besprochen.

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Schlussendlich kennen wir es ja alle selbst gut genug: Schwankungen der Gefühle, sei es hormonell bedingt oder auch mal durch äußere Einflüsse ausgelöst. Bei Betroffenen dieser Krankheit spielt sich der Alltag allerdings dauerhaft zwischen 2 Polen ab: Sie fallen oft ohne nachvollziehbare Gründe von einem Extrem ins andere. Dazwischen gibt es wenig Ruhe und Normalität. Im Spannungsfeld zwischen Manie und Depression war ihm, und somit uns, ein geregeltes Leben kaum mehr möglich.  Das wiederkehrende Auf und Ab der Emotionen, seiner Stimmung und des Antriebs waren ebenso Realität, wie ein zwanzigfach erhöhtes Suizidrisiko von im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung – alles übliche Symptome. Selbstmordgefährdet war er immer nur, wenn er nicht bei mir war. Also ließ ich ihn nicht gerne alleine reisen oder aus gehen. Aber es kam ohnehin nicht oft vor.

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Diese Krankheitscharakteristika sind alleine schon ein hartes Los, doch es kommt noch weitaus schlimmer. Zu den weiteren Verhaltensmustern einer Manie kann unter anderem eine erhöhte Libido mit gleichzeitigem Verlust der sozialen Hemmungen gehören: Ein Fremdgehen ist damit quasi vorprogrammiert. Schließlich kann er „…sie ohne Probleme ALLE haben!“.

Er fühlt sich quasi „unbesiegbar“ in jeder Hinsicht während einer solchen Phase. So ließ mein damaliger Freund einmal einen gemeinsam geplanten Urlaub platzen und fuhr stattdessen spontan alleine nach Schweden. Für Partner und andere Angehörige sind derart  Behandlungen oft kaum zu ertragen und zudem auch nicht wieder gut zu machen irgendwann, weil man durch das herzlose Verhalten  auch mal schnell unüberwundbar schwer verletzt wird.

Da zählt auch rein, dass er sowie ebenfalls Betroffene dieser Störung, in einer manischen Phase gerne brutale „Wahrheiten“ und Beleidigungen äußern. Als er von einem Skatetag mit einer Gruppe primitiver Skater zurück kam, tönte er laut, dass wäre der beste Tag der ganzen letzten Monate gewesen und guckte mich anschließend erwartungsvoll an. Zu diesem Zeitpunkt lag unser Kennenlernen gerade frisch zurück. Ich fragte nach, was er mir damit sagen wolle . „Tja, so isses halt. Ich bin nur ehrlich.“, sagte er schnippisch und hob die Schultern. Anschließend lief er unbeschwert pfeifend aus dem Raum.

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In einem ähnlichen Moment der überschwappenden Manie warf er mir mit einem eiskaltem Blick einmal auch dies an den Kopf: „Du bist am Ende auch nur die größte Trophäe in meinem Trophäenschrank der Eroberungen!“ Bis zu diesem Zeitpunkt beteuerte er erst 2 Beziehungen gehabt zu haben. Auch diese Geschichte war damit so gut wie als Lüge enttarnt. Ich fragte nicht nach, wollte die Wahrheit wohl einfach nicht wissen.
Ich hatte damals schon so unglaublich viele Lügen enttarnt und anschließend brutale Wahrheiten auf meinem Herzen geladen. Und es kam immer aus dem Nichts – beim Frühstück machen, bei einem unbeschwerten Ausflug. Aber rückwirkend über die Momente reflektiert – immer, wenn er ganz besonders aufgedreht, unbeschwert und glücklich schien, wahrscheinlich in einer Maniephase war. Brach ich dann in Tränen aus, führte es bei ihm zu aggressivem Verhalten. Er schrie mich dann an, was seine Vergangenheit mich angehen würde.

Ich brach aber einfach jedes Mal zusammen. So wenig Kraft noch in meinem ausgelaugten Körper und dann dieser Alltag. Ich war doch selber krank, litt bereits an Panikattacken und war labil. Dieses unstete Leben voller Angst und Ungewissheit war einfach zu viel. So lag ich nach einem seiner Ausbrüche schon mal weinend alleine auf den kalten Fliesen des Küchenbodens. Was sollte ich sagen? Ich verlor einfach jeden Halt in diesen Momenten. Nichts schien mehr wahr zu sein. Meine Realitäten nichts als seine erfundene Geschichten.
Die Wahrheit nun vor mir und der Mann den ich liebte, erstrahlte wieder in einem komplett anderen Licht. Sein Verhalten, seine ganze Körpersprache, war plötzlich nicht mehr der herzliche Traummann in den ich mich verliebt hatte, damals an diesem schönen Frühlingstag im April. Realisierte er, was er angerichtet hatte, versuchte er zu verschwinden. Jedes Mal. Ich hielt ihn ab. Konnte er nicht vor den Auswirkungen seiner manischen Phase flüchten, bekam er wiederum einen Zusammenbruch.

Nach einer manischen Episode stehen die Betroffenen halt selbst jedes Mal vor einem sozialen und materiellen Scherbenhaufen. Zu realisieren, was sie in einer Manie gesagt und getan haben, lässt sie oft in eine tiefe depressive Phase abstürzen – So war es auch bei ihm. Am Ende tröstete ich ihn. Es gab nie Wiedergutmachung, denn er war ja jetzt gerade depressiv und brauchte Hilfe. Er fühlte sich wertlos, die kleinsten täglichen Aufgaben türmten sich zu unüberwindbaren Bergen – ein Zustand der völligen Empfindungslosigkeit. Im Alltag blieben meine Belange und Gefühle keine Zeit. Ich opferte mich auf so gut ich konnte, fühlte mich immer kraftloser.

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Immer wenn es eine Weile (zu lang) idyllisch war, wurde er fies und verletzend und das wackelige Kartenhaus stürzte ein. Es schien als ertrüge er keine Normalität, als wäre ihm das zu langweilig. Neben seinem oft ablehnenden, kühlen Verhalten, drohte er mir nicht selten auch mit Schluss Machen: “Färbst du dir die Haare normal, verlass ich dich.“, “Trägst du mal solche Schuhe, schnapp ich meine Sachen und bin direkt weg!” Oder auch direkt: “Ich weiß nicht, ob das mit uns noch Sinn macht.” Denke ich zurück, wirkte er allgemein oft unglücklich und unzufrieden, auch auf manchen gemeinsamen Fotos. Seine Sachen packte er nie aus dem Koffer aus oder richtete sich in der Wohnung ein. Er kam mir immer vor wie auf dem Sprung. Als wäre nichts sicher oder von Bestand mit ihm. Sprach er von Trennung, löste er damit Panik in mir aus, beruhigte mich wieder und hatte dann plötzlich diese überlegen-starke Ausstrahlung im Blick und seiner ganzen Körpersprache. Er war in diesen Momenten halt auch mein Beschützer. Wir kauerten uns dann zusammen und lagen dort wie ein Bündel Elend. So schlimm auch alles war – unsere tragischen Vorgeschichten, unsere Situation, wir hatten uns und hielten uns fest, als gäbe es kein morgen. Vielleicht war das Trösten und meine Panik zu Beruhigen das Einzige, was seinem verschwindend geringem Selbstwert während einer tiefdepressiven Phase etwas Schub gab.

Hinzu kamen noch kleine alltägliche Kämpfe, um seine Hygiene beispielsweise. Er wolle sich und seine Kleidung partout nicht waschen. Paranoid war er auch noch obendrauf. Ich wurde im Verlaufe der Beziehung immer co-abhängiger und verlor meine eigenen Interessen aus dem Auge. Meine Freunde begannen sich Sorgen zu machen. Auch meine Beste legte mir irgendwann ans Herz, er tue mir nicht gut. Aber ich kämpfte wie eine Löwin für meinen Mann und das mit Allem was ich hatte, argumentierte mit: „Aber ihr versteht das nicht! Er ist der Einzige, der mich so auffangen kann. Nur er kann mich beruhigen, wenn ich eine Panikattacke bekomme!“ Nur hatte ich ausschließlich Panikattacken, wenn er bei mir war. Aber ich war noch nicht bereit, das zu einzusehen. Da ich im Verlauf den Kontakt zu den meisten meiner Freunde verlor, war ihnen ein realer Einblick in den Beziehungsalltag verwehrt. Ich hatte währenddessen den Blick für die Realität verloren. War gefangen in seinem manipulativen Spiel zwischen Zuwendung und Drama.

Meine eigene Erkrankung und Kraftlosigkeit wurde mittlerweile derart akut, dass ich nicht mehr arbeitsfähig war. Offiziell war ich aber noch als Studentin eingeschrieben, aber an studieren war nicht zu denken bei meinem Fulltimejob hier Zuhause. Während die finanziellen Sorgen uns zu überrollen drohten, schwebte die Bipolare Störung wie eine dunkle Gewitterwolke über uns. Immer konnte der Sturm wieder losbrechen. Somit fühlte ich mich nach anfänglicher Obacht, später nur noch kalt und leer, war emotional komplett instabil. Ich weinte oft. Dann kam ein guter Moment dazwischen und alles war wieder gut.
Ich benahm mich irgendwann nur noch wie seine Vollzeitpflegerin und kochte das Essen, das er in Supermärkten klaute. Meine (unfreiwillige) Aufgabe war es mit Leihgaben die Miete zusammen zu kratzen, damit wir nicht auch noch auf der Straße landeten. Er hingegen machte was er wollte, wann er es wollte. Arbeiten gehen oder etwas anderes Hilfreiches beitragen, zählte definitiv nicht dazu. Ich bat ihn regelmäßig sich Arbeit zu suchen. Fand sogar einen tollen Job als Skatelehrer für ihn. Er ging nicht hin.

Mittlerweile weiß ich, bei seiner Erkrankung handelt es sich um eine Affektstörung, die erfolgreich mit Medikamenten und Therapie behandelt werden kann – Ja, wenn man den Willen hat, die Phasen in den Griff zu bekommen. Die medizinische Wissenschaft kennt zwar bis jetzt keine gesicherten Heilungswege, aber eine weitgehende Symptomfreiheit ist möglich. Wie die meisten psychischen Krankheiten war es auch für ihn ein schweres Schicksal, was er nicht frei für sich wählte. Und doch muss ich nach all der Zeit voller Wut und Verzweiflung sagen, dass er sich freiwillig dazu entschied, NICHTS für seine Stabilisierung zu unternehmen und die stetig wechselnden Phasen konstant auf meinem Rücken auszutragen.
Betroffene bezeichnen die Manie als die einzige psychische Störung, die sie als äußerst angenehm erleben. Ein Höhenflug gleich einem Drogenrausch, der alles toppt, was sonst auf dem Markt verfügbar ist. Höchstwarscheinlich möchte er dieses Gefühl auch nicht missen, nahm und nimmt daher alle Konsequenzen in Kauf, auch das Verletzen der Menschen, die ihn lieben.

Es konnte alles sein, was als Auslöser dient umzuschwanken. Ein kleines unbedeutendes Geschehnis, ein falsches Wort oder auch ein richtiges Wort zu viel und er sprang zu einer von 2 möglichen Polen seiner Stimmung – beide vergleichbar mit Naturkatastrophen. Höhenflug oder Bruchlandung. Für mich bedeutete das ein Leben in stetiger Angst vor dem ungewissen nächsten Moment.

Ich, wie auch unsere Beziehung, zerbrach schlussendlich an dieser Belastung.

You are my sweetest downfall. I loved you first. I loved you first. Beneath the sheets of paper lies my truth. I have to go. I have to go.
– Regina Spektor

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Von der gesamten Zeit erinnere ich mich wirklich klar, nur an einen schönen Moment. Nämlich den, als wir gemeinsam nach Nizza flogen. Er sollte war geladen als Ehrengast zu der Hochzeit eines Bekannten, dessen Leben er einmal rettete. Es war wirklich ein toller Ausflug und eine wunderschöne Hochzeit. Die Hochzeitsgesellschaft entpuppte sich als Schottisch-Schwedisch. Dementsprechend trugen viele Mitglieder der Familie des Bräutigams traditionelle Kilts. Man kann es nicht anders sagen als: Zauberhaft war sowohl diese Traumhochzeit, als auch die dazugehörige Familie. Der Bräutigam ist bis heute ein Freund von mir. Es sollte bis auf Weiteres das einzige Mal bleiben, dass wir gemeinsam außer Landes fuhren.

Kleinigkeiten erhellten den belasteten Beziehungsalltag, beflügelten die Schmetterlinge im Bauch von Neuem. Er überraschte mich manchmal mit kleinen Geschenken und Liebesbotschaften und zeigte mir damit, dass ich für ihn nicht komplett selbstverständlich genommen wurde, dass er sich noch immer um mich bemühte. Diese Aufmerksamkeiten und die liebevolle Art, wenn er mich auffing, wie er mich hielt in der Nacht – diese Dinge ließen mich wohl verweilen am Ende. Gefühle gehen halt gerne seltsam unbewusste und verquere Wege.

Liebe macht nicht blind. Der Liebende sieht nur weit mehr als da ist.
– Oliver Hassencamp

Ich sah einfach auch das Gute, das in ihm schlummerte. Ich erkannte, dass er nicht er selbst war, wenn er manisch aufdrehte und das auch ohne die damals dringendst benötigten Informationen über diese spezielle Krankheit. Und ja, es gab ja auch die andere Seite an ihm, die die ich nun täglich in meinem Leben misse.

Er hatte diese zärtliche und liebevolle Art mit mir umzugehen, und das wie ich es nie zuvor erlebte. Küsste er mich, hielt er mein Gesicht zart in seinen Händen oder zog mich an sich ran. Wie er mich hielt, hatte ich das Gefühl Nichts könne mir etwas antun. Er war spannend und faszinierend, konnte skaten außer jeder Konkurrenz, hatte einen feinen Sinn für Musik und er konnte mich zum Lachen bringen, wie kein Anderer. Oh wie ich gelacht habe mit ihm und auch über ihn, wenn er rumalberte. Manchmal durfte ich seine langen Haare flechten. Er sah dann schnell mal aus wie Pocahontas mit 3Tage-Bart und ich lachte bis ich weinte. Einmal verschwand er im Bad und kam mit 2 seitlich abstehenden Zöpfen wieder raus. Gott er sah aus wie Snoop Dog für arme Weiße – ich musste so lachen. Er lief den ganzen Tag mit den Zöpfen rum, da er wusste, sie zauberten immer wieder ein Lachen in mein Gesicht, wenn er mich anschaute. Sich selbst nicht allzu ernst zu nehmen, das verstand er.

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Wenn er versuchte deutsch zu reden, lachte ich ebenfalls bis zum weinen. So rief er immer „HUHE!!!!“ (anstatt Ruhe) aus dem Fenster, wenn draußen laute Musik lief und ich kugelte mich. Er wiederum musste lachen über meine kindlich-unbeschwertes Lachattacken. Die Welt war in Ordnung.

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War er guter Laune, konnte er mit seinem Charme und Humor einfach alle Menschen in Sekunden um den Finger wickeln. Er war romantisch und albern – ein unbeschwerter Liebhaber wie alle Romantiker unter uns es sich wünschen, in unseren kühnsten Träumen nur. Wie er mich ansah voller Verehrung – das kann man nicht in Worte fassen. In ruhigen Momenten sagte er mir ständig, wie wunderhübsch ich bin, wie froh er ist, mich zu haben, dass er mich nicht verdient hätte. Er hatte eine Wärme in der Art wie er mir übers Gesicht strich oder mich hielt. Dann küsste er mich immer auf die Stirn und sagte „Ach, my silly goose.“ Manchmal packte er mich und hob mich hoch, drehte mich und ich kreischte voller Lebensfreude. Er lies mich dann langsam an sich runter gleiten und küsste mich mit einem schelmischen Grinsen, so wie er halt war. Wollten wir irgendwo hin, nahmen wir die Skateboards und meist hielten wir Hände beim Fahren. Er zog mich, wenn ich zu langsam war oder machte Tricks vor mir um mich aufzumuntern.

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Jeden Sonntag machten wir uns auf, um einen Fotostreifen in den alten Schwarz-Weiß-Fotoautomaten zu machen. Die Bilder strahlten voller Liebe (und Albernheit). In diesen raren Momenten hatte ich nie das Gefühl nicht ausreichend zu sein. Ich war perfekt für ihn und er liebte mich so wie ich bin. Außerhalb der Wohnung saß ich eigentlich immer auf seinem Schoß oder lehnte zumindest an ihm, mit seinem Arm um mich. War ich nicht die trottelige Gans, nannte er mich sein Boo und er war mein Boo.

How they had dreamed together, he and she… how they had planned, and laughed, and loved. They had lived for a while in the very heart of poetry.”
― Elizabeth von Arnim, The Enchanted April

Ja, ich muss weinen während ich diese Zeilen verfasse, denn das ist die zarte Liebesgeschichte, die sich hinter der Tragik der Krankheit und einer sehr kaputten Seele versteckt. Eine Geschichte die ein tragisches Ende fand und nun Seinesgleichen sucht.

Ja, die Zeit mit ihm war chaotisch und überwältigend in vielerlei Hinsicht. Ich liebte ihn von ganzem Herzen und kann nun schwer aufhören damit. Wie soll man auch einfach damit aufhören? Ob er mich überhaupt liebte, weiß ich nicht mit Gewissheit. Manchmal schien es mir so, wenn er mich so anblickte oder mich hielt, aber wer behandelt einen Menschen, den man liebt konstant auf diese verletzende Art?

Mit Sicherheit kann ich behaupten: Es blieb ein Kampf seinerseits um die Balance zwischen Macht und Ohnmacht, zwischen Überfürsorglichkeit für mich und kompletter Ignoranz auf der anderen Seite, zwischen Verantwortungsübernahme und Alleinlassen/Wegrennen, zwischen „Mach’ doch, was du willst! Es interessiert mich nicht.“ und „Hilf mir! Ich brauch dich!“ Und trotz der entgegengebrachten Zuneigung so außergewöhnlicher Art, fand ich mich meist nur gefangen wie ein Spielball zwischen seinen extremen Polen. Das Gute stand von Tag zu tag weniger in Relation mit dem zerstörerischen Verhalten, aber die traurige Wahrheit ist nunmal:

Die meisten Menschen brauchen mehr Liebe, als sie verdienen.
– Marie von Ebner-Eschenbach

Die Geschichte nahm ein der Dramatik entsprechendes Ende. Ein Angebot die Südeuropa-Tour einer schwedischen Band zu fahren flatterte ein. Ich könnte mit, tönte die Band. Doch große Bedenken plagten mich. Einfach so einen Monat ins Ungewisse fahren – fast nicht denkbar wenn man doch so ausgelaugt war. Schlussendlich überwog die Angst ohne ihn abzustürzen, die Angst davor, was er machen würde fernab von mir, und ich entschied mich spontan am Tag vor dem Abreisetermin mitzufahren. Ich packte meine Tasche und sprang in den Bus.

 

Bald schon kommt der 3. Teil der Geschichte….schaut also demnächst wieder rein !

 

 

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34 Kommentare auf "The cold swedish winter – a tragic lovestory (2)"

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