Wir leben in einer hektischen Zeit und oft kommt der Genuss im Alltag viel zu kurz. Optimalerweise wird es zur Gewohnheit, sich ausreichend Zeit für die „genussvollen“ Dinge im Leben zu nehmen. Es muss auch nichts zwangsläufig Zeitaufwendiges sein. Ein Genussmoment kann auch schon ein kurzer Augenblick sein – eine innige Umarmung, ein Lächeln, ein Kuss oder auch ein leckerer Smoothie in einem Café! Man gewöhnt sich so schnell an diese besonderen Dinge, besonders in einer Stadt wie Berlin. Auch heute bin ich wieder zum Gaumenschmaus verabredet und ich freue mich.
Ja, ich bin wieder nach Berlin gefahren, denn ich vermisse meine Stadt schnell. Wenn ich auch nicht lang bleiben kann, so will ich den Aufenthalt in vollen Zügen genießen. Ich tauche im Fast Rabbit in Berlin Prenzlauer Berg zu meiner Verabredung auf, bin wieder einmal ein paar Minuten zu spät. Ich war halt nie ein Vorzeige-Vertreter der deutschen Pünktlichkeit. Da ich abgehetzt bin, setze ich mich erst einmal und versuche zur Ruhe zu kommen. So viel Zeit muss sein. Nach ein paar Minuten bestelle ich mir eine heiße Schokolade mit Vanille Sojamilch und einen Wrap. Das Bestellte kommt schnell und sieht hervorragend aus. Wir genießen das großartige Essen, lassen uns Zeit.
Kein Genuß ist vorübergehend, denn der Eindruck, den er zurückläßt, ist bleibend.
-Johann Wolfgang von Goethe
Die Menschen außerhalb dieses Etablissements scheinen das Genießen vielerorts leider verlernt zu haben. Zu diesem Befund kommt die Studie Die Unfähigkeit zu genießen – die Deutschen und der Genuss des Instituts Rheingold Salon. Der traurige Befund: Zwar macht der Genuss für 91 Prozent der Menschen das Leben erst lebenswert. Ganze 46 Prozent aber haben den Eindruck, dass es ihnen im stressigen Alltag immer seltener gelingt, wirklich etwas zu genießen – bei den Jüngeren sogar 55 Prozent. Als Grund werden vor allem berufliche, aber auch familiäre Belastungen angegeben. Dazu gesellt sich dann oftmals noch Verbitterung. Durch aufkommenden Neid auf Andere, die vermeintlich besser leben, wird der eigene Genuss zu etwas Zwanghaftem und verliert schon deshalb an Wert.
Hinzu kommt noch die traditionelle Haltung: Erst kommt die Arbeit, dann das Vergnügen. Für 81 Prozent der Menschen verlangt Genuss nach einer Legitimation durch zuvor erbrachte Leistungen. Nur ein Prozent der Befragten hatte nicht das Gefühl, sich Genuss “verdienen” zu müssen.
Eine der wichtigsten Voraussetzungen für wahren Genuss ist Hingabe und das Loslassen-Können. Dem kontrollierten Deutschen mit all seinen Tugenden kommt die Leichtigkeit des Lebens immer mehr abhanden. Wir haben unsere Leistungsansprüche ins Unermessliche geschraubt. Doch wenn wir immer nur Pflichten erfüllen, das Gute vertagen, werden wir irgendwann nur noch funktionieren.
Nur wer zufrieden ist mit seinem Leben, kann dauerhaft glücklich, leistungsfähig und gesund bleiben. Zufriedenheit zu erreichen ist eine Frage der Einstellung selbst gut für sich zu sorgen und sich ein gutes Leben zu erlauben. Wir beide, wie wir hierfröhlich zusammen sitzen, haben nichts Besonderes zu feiern. Wir gönnen uns einfach diesen Genuss, denn wir wollen leben, das Leben auskosten in vollen Zügen.
Wir dürfen niemals vergessen: Unsere vornehmste Aufgabe ist es zu leben.
– Michel de Montaigne
Chapó Mr. Montaigne!
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3 Kommentare auf "Genussmomente im Fast Rabbit"