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„Im Abschied ist die Geburt der Erinnerung.“, so ein deutsches Sprichwort. Nun sollte man den richtigen Moment finden, um Abschied zu nehmen. Aber was ist der richtige Moment? Ich beschloss bereits vor einiger Zeit Abschied von Berlin zu nehmen – für eine Weile zumindest. So sehr ich diese Stadt auch liebe, gibt es immer 2 Seiten einer Medaille. Nun waren die Vorzüge dieser verrückten Metropole für mich nicht mehr so präsent wie einst und ich fasste als Konsequenz diesen Entschluss.
Manchmal frage ich mich ob ich überhaupt gemacht bin für das beständige Verweilen an einem Ort. Alle paar Jahre wächst der Drang in mir weiter zu ziehen und Neues zu entdecken. Diese Wanderlust liegt mir vermutlich bereits im Blut. Zudem löst es regelrecht Beklemmung in mir aus, an gesellschaftskonforme Zielsetzungen wie Heiraten und Haus-Finanzierungspläne zu denken. Womöglich muss ich mich aber auch nicht unter Zwang damit zufrieden stellen, wenn mein Leben als Digitaler Nomade abläuft wie geplant.
Ich bin in Aufbruchsstimmung, denn meine letzte Woche in Berlin ist angebrochen und ich versuche diese nun effizient zu nutzen. Und so kommt es mir auch gelegen, dass Freunde eine Vernissage-Eröffnungsparty feiern und mich bereits vor einiger Zeit baten zu kommen. Zunächst genieße ich aber einen sonnigen Nachmittag an der frischen Luft mit meiner Nachbarshündin Calleida und spaziere mit ihr durch mein geliebtes Friedrichshain. Als ich durch die Dirschauer Straße laufe, treffe ich auf Tom, den Besitzer der SERIGRAFFEUR Galerie. Auch er hatte mich zu einer Ausstellungseröffnung eingeladen, mit den großen Worten: „Diese Ausstellung ist beinahe für dich gemacht“. Aber diese Party lag wohl an einem meiner schlechteren Tage – einen dieser Tage, wo ich nicht ausreichend Mut und Kraft habe, mich zwischen die hektischen Menschen der Großstadt zu trauen.
Heute allerdings ist ein guter Tag, also hole ich mir einen grünen Smoothie bei Goodies und gucke mir anschließend die Siebdruck Werke von MIAMMIAM an, die er in seiner kleinen Galerie zeigt. Süß und bunt sind diese ausgestellten, illustrativen Poster mit dem frechen Ausstellungs-Namen CUTE PORN.
Doch nun wird es Zeit weiter zu ziehen, denn Kevin Schulzbus ruft. Tremuschi Ink lud ein, ein neues schugglig-kleines Tattoostudio in der Revaler Straße, das regelmäßig alle 2 Monate einem neuen Künstler eine Präsentationsfläche im kompletten Vorderraum bietet.
Passend zum Spruch mit dem der heute ausstellende Fotograf auf Facebook zum Event aufrief: „Von Kevins. Für Kevins. Bist du auch ein Kevin?? Dann schnell rannda!!!“, wird jedem eintreffenden Besucher ein „Kevin Schulzbus“-Namensschild angeklebt und niemand weiß, wer nun tatsächlich der ausstellende Künstler ist. Welch perfider Plan und doch gibt es mir und anderen Besuchern irgendwie auch ein Zugehörigkeitsgefühl.
Das Event ist sehr gut besucht und es herrscht eine lockere Feierstimmung. Ewigkeiten betrachte ich die Fotografien, die Szenen aus dem Berliner Alltag zeigen – in all seiner Verrücktheit, die Berlin zu bieten hat. Die Bilder regen zum Schmunzeln an und machen gleichzeitig nachdenklich. Oft bewegen sie sich auch auf einem schmalen Grad zwischen gnadenlos ehrlich und provokant. Zeitgleich werden vom Künstler produzierte Videos an die Decke projiziert.
Einige spontane Besucher der Ausstellung zeigen sich irritiert von den Abbildungen und den verwendeten Formulierungen und Beleidigungen, die immer wieder zwischen den Fotografien auftauchen und ziehen schnell weiter. Vielleicht wirkt auch die bunte Mischung der Besucher abschreckend. Ja, es handelt sich halt um eine Ausstellung „Von Kevins. Für Kevins.“ Doch besagt ein Zitat schon: „Kunstwerke bleiben nur hängen, wenn sie aus dem Rahmen fallen.“ Die Kunst hier fällt definitiv aus dem Rahmen, ebenso wie die Besucher, denn sie sind zumeist aus der Berliner Graffitiszene, wie auch Kevin Schulzbus selbst. Zum Abschluss gibt es noch ein Live-Tattoo und das Event klingt langsam aus.
Für mich handelt es sich um einen äußerst gelungenen Abend voller inspirierender Gespräche, Kunst und interessanter Menschen. Ich gehe zufrieden nach Hause und komme zu dem Entschluss, dass ich Berlin nicht gänzlich den Rücken kehren möchte. Berlin, my Dear – ich bleibe dir treu, denn:
Ich bin ein Kevin.
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From Kevin. For Kevins
„In goodbyes lies the birth of memories“ – a german saying. But you should find the right moment to say goodbye. The question is though: What is the right moment to do this? Already some time ago I decided to leave Berlin – for a while at least. Although I love this city a lot, there are still always two sides of a story. The pros of this metropolis are suddenly not as big as they used to be and so I came to this decision. Once every few years there is this feeling of moving on and exploring something new growing in me. This wanderlust is supposably already in my blood.
Sometimes I am questioning myself if I was made to linger in one place. When I´m thinking about society conformal goals like marriage and house-financing I have this feeling of oppression. But probably I don´t have to be satisfied with that under compulsion if everything with my plans of becoming a digital nomad is working out as planned.
I am in an atmosphere of departure because it is my last week in Berlin and I try to spend it efficiently. So it fitted perfectly that some friends of mine are celebrating a vernissage-opening party and invited me already some time ago. First of all I am enjoying a nice sunny afternoon with my neighbors dog Calleida and take a walk with her through my beloved Friedrichshain. While I am walking through the Dirschauer Straße I am meeting Tom – the owner of SERIGRAFFEUR Galerie. He invited me to an art exhibition as well and used the big words: „This exhibition is almost made perfectly for you!“ But this opening party probably been on one of the bad days – these kinda days when I don´t have enough courage and power to betake myself between to hectically people of the big city.
Today is a good day, so I am picking up a green smoothie at Goodies and go back to take a look at the screen printing creations of MIAMMIAM that are shown in this gallery. They are cute and colorful these illustrative posters with the cheeky exhibition-name CUTE PORN.
It´s time to move on now because Kevin Schulzbus is calling. Tremuschi Ink – a small new tattoo studio in Revaler Straße invited to this event. They are regularly giving a new artist a full room presentation area on a 2months basis. Every visitor is getting an name badge saying “Kevin Schulzbus” fitting to the invitation text that Kevin himself wrote on Facebook: “From Kevins. For Kevins. Are you a Kevin too?? Then come get it fast!!!“ Since everybody is wearing it then, nobody knows who is the artist himself.
There are a lot visitors here and they bring a good celebrative mood. I look at these pics for ages. Their showing photographies from Berlins everyday life with all the crazyness that Berlin brings. The images bring smiles and at the same times a thoughtful mood. They are on a thin line between mercilessly honest and provocative. Meanwhile there are video films shown at the ceiling of the exhibition room.
Some spontaneous visitors seem to be irritated by the shown sceneries and the phrases and insults that are in between the pictures. These people leave and move on fast. Well well it is art “From Kevins. For Kevins.“ But a truthful quote already says „art pieces stay only when they fall out oft he frame.“ This art here is falling out of conventional frames for sure as well as the visitors. Most of them are involved in the Berlin grafitti culture, just like the artist Kevin itself. In the end there is even a live-tattoo and the event is coming to an end.
All in all its been an amazing evening full with inspirational talks, art and intresting people. I am walking home happy and so I am coming to the conclusion that I can´t leave Berlin completely. Berlin, my dear – I stay true to you.
I am a Kevin.
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